Die COPD, und speziell eine emphysematöse Veränderung der Lunge, kann bei schweren Verlaufsformen entweder zu einem Sauerstoffmangel, oder in Fällen mit geschwächter Atempumpe zu einer Kombination aus Sauerstoffmangel und erhöhtem Kohlendioxidspiegel im Blut führen.
Dadurch ist in der Regel die Belastbarkeit im Alltag reduziert, was sich in Form von Luftnot, Erschöpfung oder Müdigkeit, entweder in Ruhe oder bei Belastung äußert. Darüber hinaus können akute Exazerbationen der COPD oder Atemwegsinfekte zu einem passageren Sauerstoffmangel oder einer akuten Schwächung der Atempumpe mit gleichzeitigem Anstieg des Kohlendioxids führen.
Die chronischen Veränderungen in der Lunge mit nachfolgender Verengung der Lungengefäße können zu einem Anstieg des Blutdrucks in den Lungengefäßen und zusätzlicher Belastung des rechten Herzens führen. Außerdem sind Verschlechterungen einer vorbestehenden Linksherzerkrankung möglich. So ist zu berücksichtigen, dass etwas 50 % der Patienten mit COPD eine begleitende Herzerkrankung oder hohen Blutdruck haben. Die Folge ist eine Ansammlung von Flüssigkeit (Ödemen), meistens den Beinen. Eine begleitende Erhöhung des Kohlendioxids im Blut kann die Wasseransammlung begünstigen oder verschlechtern.
Warum Sauerstofftherapie?
Der Ansatzpunkt einer Sauerstofftherapie besteht darin, das Angebot an Sauerstoff in der Lunge zu erhöhen, damit der Sauerstoffpartialdruck im Blut wieder ansteigen kann und für Belastungen oder auch in Ruhephasen wieder genügend Sauerstoff zur Verfügung steht. Ein weiteres Ziel ist, dass die Atemmuskulatur entlastet und die Auswirkung eines Sauerstoffmangels in den Atemwegen auf die Blutgefäße (Verengung aufgrund Sauerstoffmangel) abgemildert wird, so dass Lungenbezirke wieder besser durchblutet werden, mit der Folge einer Entlastung des Herzens. Neben der subjektiven Verbesserung des Befindens konnte in Studien nachgewiesen werden, dass die regelmäßige Sauerstoffanwendung auch zu einer Lebensverlängerung bei COPD führt. Eine Abhängigkeit von Sauerstoff kann nicht entstehen.
Wann Sauerstofftherapie?
Für die Einleitung einer Sauerstofflangzeittherapie (LTOT) gibt es klare Indikationen, die bei der Verordnung zu berücksichtigen sind.
Diese ist bei einem Sauerstoffpartialdruck (PaO2) unter 55 mmHg in Ruhe – und dafür muss eine Blutgasanalyse, meist beim Lungenfacharzt, durchgeführt werden – gegeben. Unter der LTOT versteht man eine mehr als 16-stündige Anwendung von Sauerstoff. Mittlerweile gehen die Empfehlungen dahin, den Sauerstoff kontinuierlich über 24 h Sauerstoff anzuwenden.
In bestimmten Situationen kann die Sauerstofftherapie auch schon verordnet werden, wenn der Sauerstoffpartialdruck unter 60 mmHg liegt. Hierfür bedarf es aber zusätzlicher Untersuchungen, wie z.B. eines Herzultraschalls, mit dem festgestellt wird, ob ein erhöhter Blutdruck in den Lungengefäßen als Folge der COPD vorliegt. Auch wenn klinische Zeichen der Herzbelastung vorliegen, wie z.B. geschwollen Beine, kann bei einem PaO2 unter 60 mmHg Sauerstoff verordnet werden.
Schwieriger wird es mit der Entscheidung, wenn Patienten nur in der Nacht oder aber unter Belastung einen Sauerstoffmangel (PaO2 unter 55 mmHg) entwickeln. Hier gibt es bislang keine eindeutigen Empfehlungen. Neuere Leitlinien halten bei einem alleinigen und nur mäßigen Sauerstoffmangel in der Nacht eine Sauerstoffgabe für nicht erforderlich. Gleiches gilt für lediglich unter Belastungen auftretenden Sauerstoffmangel. Hier muss unter standardisierten Bedingungen (6-Minuten-Gehtest ohne und mit Sauerstoff) geschaut werden, ob eine Sauerstoffgabe unter Belastung zu einer Besserung der Gehstrecke oder der Luftnot führt. Ausserdem müssen bei nächtlichem Sauerstoffmangel Erkrankungen wie eine Schlafapnoe, eine Obesitas-Hypoventilation oder eine alleinige nächtliche Atemschwäche (z.B. isoliert im Traumschlaf mit begleitendem Anstieg des Kohlendioxids) differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden, um gezielte Therapien (CPAP oder nicht-invasive Beatmung) durchzuführen.
Bei gegebener Indikation zur Sauerstofftherapie ist die Sauerstoffflussrate für die Ruhe, die Belastung und die Nacht festzulegen. Ein zu hoher Sauerstofffluss ist zu vermeiden, da es bei anfälligen Patienten zu Erhöhungen des Kohlendioxids im Blut kommen kann.
Wie Sauerstofftherapie?
Es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten einer individualisierten Sauerstofftherapie, die in den meisten Fällen seitens der Krankenkassen versucht wird zu realisieren. Aber nicht immer werden die Wünsche der Ärzte und Patienten erfüllt.
Die Grundversorgung ist die Sauerstofflangzeittherapie mit einem Konzentrator, der als Standgerät nach Hause geliefert wird, aber keine mobile Versorgung zuläßt. Hier muss bei noch vorhandener Mobilität zusätzlich eine mobile Sauerstoffeinheit verordnet werden. Dabei können entweder Sauerstoffdruckgasflaschen oder mobile Konzentratoren zum Einsatz kommen.
Eine andere Alternative ist die Versorgung mit Flüssigsauerstoff. Hier wird ein großer Tank aufgestellt, der je nach Bedarf bzw. in regelmäßigen Abständen wieder mit Sauerstoff befüllt wird. Aus diesem Tank kann für die mobile Versorgung Sauerstoff in kleinere transportable Einheiten (sog. Stroller) abgefüllt werden.
Die Größe der Stroller oder der Druckgasflaschen richtet sich nach dem jeweiligen Sauerstoffbedarf unter Belastung. Dieser wird wiederum beeinflusst durch die erforderliche Flussrate und die Dauer der mobilen Phase. Sofern kein allzu hoher Sauerstoffbedarf besteht, kann über Verwendung eines Spar- bzw. Demandventils, das den Sauerstoff nur bei der Einatmung freisetzt, ein Einspareffekt erzielt werden, sodass entweder eine kleinere und leichter zu tragende Transporteinheit verwendet oder aber bei gleichbleibender Größe der Stahldruckflasche oder des Strollers die Nutzungszeit erhöht werden kann. Für sehr mobile Patienten mit Notwendigkeit einer LTOT ist diese Art der Versorgung aber oft nicht ausreichend, insbesondere wenn sie über ein Wochenende oder auch nur für eine Nacht verreisen wollen.
Als Alternative in der Versorgung bieten sich dann mobile Sauerstoffkonzentratoren an, die z.B. auch im Auto am Zigarettenanzünder angeschlossen und damit aufgeladen werden können. Während es früher nur mobile Konzentratoren im Demand-System gab, sind jetzt auch solche mit kontinuierlichem Sauerstofffluss im Angebot, wobei die Flussrate aber in der Regel bei maximal 3 l/min liegt.
In Einzelfällen haben Patienten ein sehr hohen Sauerstoffbedarf. Wenngleich sogenannte „Hochleistungskonzentratoren“ z.T. hohe Flussraten bis 9-12 l bieten, ist hier primär eine Flüssigsauerstofftherapie angezeigt.
Für Patienten, bei denen es unter den hohen Flussraten zu starken Austrocknungserscheinungen der Atemwege, speziell der Nasenschleimhäute kommen kann, gibt es mittlerweile die Möglichkeit einer Versorgung mit „Nasalem- High-Flow-Sauerstoff“. Darunter versteht man eine Kombination aus einem Befeuchter mit einer Vorrichtung, die hohe Sauerstoffkonzentrationen und –flussraten ermöglicht, wodurch zusätzlich ein günstiger Effekt auf die Atmung erzielt werden kann. Allerdings sind die Geräte nicht mobil einsetzbar.
Für die Applikation des Sauerstoffs gibt es mehrere Möglichkeiten. So kann eine Nasensonde oder eine Maske, die Mund und Nase einschließt, verwendet werden. Bei Anwendung eines High-Flow- Sauerstoff-Systems werden spezielle Nasensonden verwendet. Die früher häufiger durchgeführte Sauerstoffgabe über einen kleinen, direkt durch die Haut in die Luftröhre eingeführten Katheter (transtracheale Sauerstofftherapie) wird in Deutschland
nur noch selten angewandt.
Quelle: Vortrag von Dr. med. Michael Westhoff, Hemer Chefarzt Lungenklinik Hemer, auf dem 10. Symposium Lunge am Samstag, den 02. September 2017 von 9:00-17:00 Uhr in Hattingen (NRW)
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