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Zuletzt angepasst am 04.11.2024

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Ernährung und der Lungenerkrankung COPD?

Bei Stoffwechselerkrankungen, Diabetes etc. ist es naheliegend, auch an eine Verbindung der Grunderkrankung mit der täglichen Ernährung zu denken. Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) erscheint ein direkter Einfluss nicht unbedingt naheliegend.

Mit dieser Information möchten wir Ihnen aufzeigen, dass die richtige Ernährung bei COPD ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Behandlung ist.
Eine Reihe von Gründen, zu denen zum Beispiel Über- wie auch Untergewicht zählen, ebenso wie Belastungen durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, sowie die Nahrungsaufnahme selbst, aber auch ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und die positiven Einflussmöglichkeiten durch eine entsprechende Ernährung, lassen deutlich werden, warum die Ernährung bei COPD eine wichtige Rolle einnimmt.

Im Folgenden möchten wir Ihnen die Bedeutung des Themas Ernährung vermitteln.
Ziel einer richtigen Ernährung bei COPD ist die positive Beeinflussung des Gesamtbefindens zu verbessern und andererseits das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen, um dadurch die Lebensqualität zu steigern. Wertvolle Unterstützung auf dem Weg zur optimierten Ernährung bei COPD kann eine Patientenschulung und die Hilfe zur Selbsthilfe darstellen.

Bedeutung der Ernährung bei COPD

Bei Erkrankungen der Lunge, wie der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) oder dem Lungenemphysem, assoziiert man nicht unmittelbar einen Zusammenhang zur Ernährung.

Ernährung und Atmung

Zwischen Ernährung und Atmung besteht ein enger Zusammenhang, da die Atmung den notwendigen Sauerstoff liefert, der für die „Verbrennung“ (Oxidation) bzw. „Verstoffwechselung“ der Nährstoffe benötigt wird. Durch die Verbrennung bilden sich Energie und Kohlendioxid. Ein Teil der Energie wird für die Atemmuskulatur selbst benötigt. Das Kohlendioxid wird als Abfallprodukt ausgeatmet. Ist die Atmung eingeschränkt, fehlen infolgedessen dem Körper wichtige Nähr- und Baustoffe.

Im Falle einer COPD wird für den Vorgang der Atmung aufgrund der Einengung der Atemwege grundsätzlich mehr Energie (Nährstoffe) verbraucht. Im Vergleich zu Gesunden ist der Energiebedarf bei COPD bis zu zehnmal höher.
Bei einem Lungenemphysem ist durch die Überblähung der Lunge die Atemarbeit besonders energieaufwändig. In Ruhe kann der Anteil am Gesamtenergieverbrauch auf bis zu 60 % ansteigen.

Rückgang der Muskulatur

Ein weiterer Effekt, der zumindest teilweise in Verbindung zur Ernährung steht, ist der Rückgang der Muskulatur bei COPD.
Anhand von Untersuchungen (z.B. ESPEN 2006) konnte gezeigt werden, dass bei der überwiegenden Zahl der COPD-Patienten schon im frühen Stadium auch bei gleich bleibendem Gewicht ein Rückgang der Atemhilfsmuskelfunktion und der sogenannten fettfreien Muskelmasse (FFM) festgestellt werden kann.
Folgende Gründe gelten als Ursache für den Abbau der Muskulatur (FFM):

• Beeinträchtigung von Bewegung
• Nährstoffmangel durch Einschränkung der Sauerstoffaufnahme
• erhöhter Energiebedarf durch Infekte, Medikamente (z.B. Steroide)
• chronische Entzündungsprozesse durch COPD

Das Gewicht

Durch die vorab beschriebene Einschränkung der Atmung und damit einhergehende Folge der Nährstoffaufnahme, wie auch dem Rückgang der Muskulatur kommt es bei etwa 20 – 60 % der COPD-Patienten zu einer Mangel- bzw. Fehlernährung.

Blue Bloater – blauer HusterPink Puffer – rosa Keucher

 vorwiegend Patienten mit chronischer Bronchitis

 übergewichtig

 Zyanose (bläulich verfärbte Lippen und Nagelbetten) als Folge einer Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff

 reichlich Husten mit Auswurf

 weniger Beschwerden /geringere Atemnot

 Mangel an Mikronährstoffen / Mangel an Eiweiß

 häufig Probleme mit der Pumpfunktion des Herzens (Cor pulmonale)

 vorwiegend Patienten mit Emphysem

 mager

 keine Zyanose


  wenig Husten und Auswurf

 deutlichere Beschwerden /starke Atemnot

 Kalorienmangel

 selten Cor pulmonale

Sowohl Über- als auch Untergewicht beeinflussen die Symptomatik und das Fortschreiten der COPD negativ.
Als Gewichtsverlust, der in der Regel bei COPD häufiger vorkommt, ist eine Abnahme des Körpergewichts um mehr als 10 % in den letzten 6 Monaten oder um
mehr als 5 % im letzten Monat zu werten.
(Quelle. COPD-Leitlinien 2010)

Ernährungs-Tipps

Nachfolgend möchten wir Ihnen für die unterschiedlichen Bedürfnisse eine Vielzahl von Tipps und Anregungen zur Umsetzung im Alltag geben.
Orientieren Sie sich an Ihrer individuellen persönlichen Ernährungssituation mit dem Ziel der Sicherstellung des Nährstoffbedarfs und einer optimierten Energiezufuhr.

Allgemeine Hinweise

  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit. Ausreichend Flüssigkeit - am besten in Form von Wasser, Kräutertee oder verdünnten Fruchtsäften - hilft den Bronchialschleim zu verdünnen, so dass dieser leichter abgehustet werden kann
  • Meiden Sie Getränke mit Kohlensäure
  • Verwenden Sie wenig Salz. Salz bindet Wasser im Körper, was die Atmung erschweren kann. Achten Sie auch auf versteckte Salze und Nitrite in Fertiggerichten
  • Vermeiden Sie Lebensmittel, die zu einer Gasbildung im Körper führen können. Durch die Gasbildung erhöht sich der Druck auf das Zwerchfell und somit auf die Lunge. Ob, wie stark und bei welchen Lebensmitteln sich Gas bildet, ist sehr individuell – handeln Sie nach dem Prinzip: „Weglassen, was nicht bekommt.“

Dennoch einige Beispiele von Lebensmitteln, bei denen sich häufig Gas bildet:

  • Kohlgemüse, Sauerkraut
  • Zwiebeln, Schnittlauch, Knoblauch
  • Hülsenfrüchte (wie z.B. Erbsen, Bohnen, Linsen)
  • Trockenobst, saure Obstsorten
  • Kohlensäurehaltige Getränke

  • Bevorzugen Sie Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Milchprodukte, Getreide sowie eiweißreiche Produkte wie Eier, Fisch, mageres Fleisch. Meiden Sie Nahrungsmittel ohne wertvolle Nährstoffe wie z.B. Süßigkeiten, Limonaden, konservierte Produkte

Tipps beim Essen

  • Legen Sie während des Kauens das Besteck beiseite. Aufgestützte Arme erleichtern das Atmen
  • Schneiden Sie die Mahlzeiten in sehr kleine Stücke. Dies kann zur Vermeidung von Atemnot hilfreich sein
  • Nehmen Sie fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten zu sich. Sie können so die Luftnot bei größeren Mahlzeiten reduzieren bzw. vermeiden. Außerdem: Je mehr Raum der Magen benötigt desto kleiner ist der Raum für die Lunge
  • Essen Sie langsam und in Ruhe. Kauen Sie gründlich, so können Sie das Herunterschlucken von Luft und somit Blähungen vermeiden. Sprechen Sie nicht während dem Essen, um Atemnot zu vermeiden
  • Legen Sie die Hauptmahlzeit des Tages bevorzugt auf den Mittag anstatt auf den Abend, da der Körper zu dieser Zeit noch über mehr Kraft für die Verdauungsarbeit verfügt
  • Lippenbremse beim Ausatmen zwischen den Bissen einsetzen
  • Lippenbremse: Atmen Sie so langsam wie möglich gegen den Druck Ihrer locker geschlossenen Lippen aus. Dabei blähen sich die Wangen etwas auf. Bei dieser Technik wird der Atemstrom abgebremst und die Bronchien bleiben geöffnet
  • Ggf. vor dem Essen Bronchodilatoren (Arzneimittel, die die Bronchien erweitern) verwenden
  • Achten Sie auf eine gute Mundhygiene. Zahnprobleme sollten rasch behoben werden, damit das Essen hierdurch nicht erschwert wird

Tipps rund um Einkauf, Aufbewahrung und Zubereitung

  • Fertiggerichte bzw. Teil-Fertiggerichte reduzieren erheblich den zeitlichen Aufwand der Zubereitung

o Lesen Sie jedoch die Etiketten und achten Sie auf den Anteil von Salz/Nitriten, Zucker und Fett
o Tiefkühlkost - insbesondere wenn sie schockgefrostet ist – hat einen erheblich höheren Anteil an noch vorhandenen Vitaminen als z.B. Konserven

  • Mit einem Wochenplan Ihrer Mahlzeiten können Sie auch den zeitlichen Aufwand für das Kochen selbst reduzieren – z.B. in dem Sie die Beilagen für mehrere Tage vorbereiten und am Folgetag mit einem anderen Produkt kombinieren oder gleich eine größere Menge zubereiten, die Sie dann portionsweise einfrieren können
  • Fällt das Einkaufen schwer, sollten Sie die Möglichkeit der verschiedenen Lieferdienste in Betracht ziehen. Dies gilt insbesondere für Getränke und Lieferanten für Tiefkühlkost. Immer mehr werden auch Lieferserviceangebote für frische Produkte angeboten. Suchen Sie im Internet unter Lieferservice Lebensmittel
  • Sortieren Sie Ihre Küche so, dass Sie sich wenig bücken müssen, um an die wichtigsten Utensilien zu gelangen
  • Sorgen Sie beim Kochen für ausreichend Be- und Entlüftung. Ggf. kann ein kleiner tragbarer Ventilator hilfreich sein
  • Planen und bereiten Sie Ihre Mahlzeiten zu, wenn Sie weder hungrig noch müde sind


Ernährungstherapie und COPD-Leitlinien

Übergewicht und Untergewicht beeinflussen Symptomatik und Prognose von Patienten mit COPD.

Die meisten Ernährungsempfehlungen basieren auf kleinen Studien. Etwa 25 % der Patienten mit mittelgradiger und schwerer COPD zeigen eine Reduktion des Body- Mass-Index (BMI) und der fettfreien Masse.

Auch bei normalgewichtigen Patienten kann die fettfreie Masse erniedrigt sein. Die Unterernährung wird bei Patienten mit schwerer COPD häufig angetroffen und kann die Prognose, unabhängig vom Ausmaß der Obstruktion, beeinträchtigen. Das Untergewicht korreliert bei COPD-Patienten mit Muskelschwäche, eingeschränkter Belastbarkeit und verminderter Lebensqualität.

In einer großen prospektiven Untersuchung konnten bei der Mehrzahl untergewichtiger Patienten mittels einer hochkalorischen Nahrungszufuhr (=Zusatzernährung) innerhalb von 8 Wochen eine Gewichtszunahme und auch eine Besserung der Prognose erreicht werden.
Die mittels Kostaufbau mögliche Gewichtskorrektur untergewichtiger Patienten kann zu einer Besserung der Symptome führen.

Dennoch muss festgehalten werden, dass es bis dato nur wenige qualitativ hochwertige Studien zur Ernährungstherapie bei COPD gibt.

Bei Verlust an Muskelkraft infolge Untergewichtes kann die Atemmuskelkraft durch gesteigerte Kalorienzufuhr bei einem Teil der Patienten gebessert werden. Meist reicht die alleinige Zufuhr von Kalorien nicht aus, sie sollte durch körperliches Training bzw. Training der Atemmuskeln ergänzt werden. Diesbezüglich liegen jedoch keine Studien an großen Patientenzahlen vor.

Bei übergewichtigen Patienten führt eine Gewichtsreduktion zu einer Abnahme des Energiebedarfs bei körperlicher Belastung und damit zu einer leichteren Bewältigung der im Alltag anfallenden körperlichen Aktivitäten. Diäten zur Gewichtsreduktion können mit einer Beschränkung der täglichen Aufnahme auf 1.200 bis 1.500 Kalorien erfolgreich durchgeführt werden.

Der Zusatz von Vitaminen oder Mineralstoffen ist bei ausgewogener Ernährung nicht erforderlich.

Der Stellenwert der Gabe von Anabolika bei stark untergewichtigen COPD-Patienten, der im Rahmen von Studien in Rehabilitationsprogrammen verschiedentlich untersucht wurde, kann abschließend noch nicht beurteilt werden.

Auszug: Nationale Versorgungsleitlinie COPD – siehe auch www.versorgungsleitlinien.de
Die Leitlinie befindet sich derzeit in Überarbeitung, voraussichtlicher Erscheinungstermin 2017.

© Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
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