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Zuletzt angepasst am 24.04.2024

Diagnostik und Behandlung einer COPD mit und ohne Lungenemphysem

COPD steht für das angloamerikanische Wort „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“ und bezeichnet alle chronischen Erkrankungen von Bronchien und Lungen, die mit Husten, Auswurf und Luftnot bzw. Atemnot einhergehen. Zwei Krankheitsbilder stehen im Mittelpunkt, die entweder einzeln oder in Kombination beim chronisch Lungenerkrankten auftreten können:

  1. 1. die chronisch-obstruktive Bronchitis,
  2. 2. das Lungenemphysem.

Chronisch obstruktive Bronchitis

Kennzeichen und Diagnostik

Das klinische Bild der chronischen Bronchitis ist durch ständigen, jedoch von der Ausprägung her schwankenden Husten mit Auswurf gekennzeichnet. Hierbei können die Patienten sowohl eine bronchiale Obstruktion (Verkrampfung und/oder Verlegung der Atemwege) wie auch eine Zerstörung der Lungenbläschen (Alveolen) im Sinne eines Lungenemphysems entwickeln. Primär besteht bei chronischer Bronchitis eine vermehrte Bildung und krankhaft veränderte Zusammensetzung des Bronchialsekrets, hinzu kommen bakterielle Infekte. Häufig erfolgt eine Bahnung durch eine von außen kommende Schädigung der bronchialen Reinigiungsfunktion und der körpereigenen Infektabwehr (z. B. durch Luftverschmutzung, Arbeitsplatzbelastung, im Besonderen aber durch chronisches Inhalationsrauchen). Weiter spielen Klimaeinflüsse eine Rolle. Die Rezidivauslösung geschieht häufig durch Virusinfekte („Erkältungen“).

Die Erkrankung ist über Jahre langsam fortschreitendent; zähe Schleimbildung, Entzündung der Bronchialschleimhaut, Schleimhautödem und ein durch unterschiedliche Faktoren verursachte Bronchokonstriktion (Bronchialverkrampfung) bedingen die zunächst reversible (= rückgängig zu machenende), später häufig irreversible (= nicht mehr rückgängig zu machende) bronchiale Obstruktion. Die dadurch erhöhte Atemarbeit erklärt die Luftnot des chronischen Bronchitikers, die zunächst nur unter körperlicher Belastung, in fortgeschrittenen Stadien auch in Ruhe auftritt.

Funktionell bestehen dann erhöhte, unterschiedlich über die Lunge verteilte Atemwegswiderstände. Hinzu kommt häufig eine vermehrte, bei der Ausatmung auftretende Zusammenpressbarkeit (Kompressibilität) der Atemwege. Vom Gasaustausch her kommt es zunächst zu Sauerstoff (O2)-Erniedrigung  durch sog. Verteilungsstörungen. Der funktionelle Endzustand ist die Mangelbelüftung der Lungenbläschen mit zusätzlicher Erhöhung des CO2-Wertes im Blut.

Zu den Leitsymptomen der chronischen Bronchitis gehören meist produktiver Husten („Raucherhusten“), Auswurf (weißlich, zäh, bisweilen eitrig) und erst nach längerem Krankheitsverlauf Luftnot (Belastungs-, Ruheluftnot). Das Erkennen bzw. die Diagnose der Erkrankung erfolgt also durch Befragen (Anamnese) des Patienten. Man spricht in der Krankengeschichte auch von dem sog. AHA-Effekt (= Auswurf - Husten - Atemnot). Zu unterscheiden ist die chronische Bronchitis mit und ohne Obstruktion (Verkrampfung bzw. Verlegung der Atemwege). Dies Unterscheidung ist nur mittels wiederholter Lungenfunktionsprüfungen (z. B. Atemstoßtest, FEV1-Wert), die auch eine Blutgasanalyse mit einschließen, möglich. Die ergänzende Diagnostik umfasst eine Röntgenaufnahme der Brustorgane, um insbesondere andere zur Luftnot führende Erkrankungen auszuschließen.

Die akute Exazerbation ("AECOPD") einer chronischen-obstruktiven Bronchitis wird durch eine bakterielle oder virale Superinfektion ausgelöst. Symptome sind zunehmend eitriges Sputum, eine Zunahme der Luftnot, Fieber und eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustands. Weitere Komplikationen sind eine deformierende Bronchitis mit Entwicklung von Bronchiektasen (Bronchialaussackungen), eine um die Bronchien herum stattfindende Vernarbung (Fibrosierung) des Lungengewebes, eine zunehmende Atmungsschwäche sowie Be- und Überlastung des rechten Herzens (sog. Cor pulmonale = "Lungenherz"). 

Lungenemphysem

Kennzeichen und Diagnostik

Das Emphysem ist gekennzeichnet durch eine irreversible (= nicht mehr rückgängig zu machende) Erweiterung und Zerstörung kleinsten Bronchien und Lungenbläschen. Als Ursache kommen sowohl äußere wie auch körpereigene Faktoren in Betracht: Der mit Abstand wichtigste äußere Risikofaktor bei der Emphysementstehung ist das inhalative Zigarettenrauchen. Dies erklärt das häufige gleichzeitige Auftreten von Emphysem und chronischer Bronchitis. Der wichtigste körpereigene Risikofaktor für die Emphysementstehung ist der angeborene homozygote α1-Proteinaseninhibitor(PI)-Mangel. Die Zerstörung des Lungengewebes bei Lungenemphysem führt zu einer Verminderung der Rückstellkräfte des Lungengewebes. Darüber hinaus steigen beim Lungenemphysem die Widerstände in den kleinen Atemwegen bei verstärkter Ausatmung unverhältnismäßig stark an: Durch den Strukturverlust an Lungengewebe tritt mit ansteigendem Druck im Brustkorb während der Ausatmung frühzeitig ein Verschluss der kleineren Atemwege auf.

Das Leitsymptom des Emphysematikers ist eine zunehmende Belastungsluftnot, die im Gegensatz zum sog. Belastungsasthma unmittelbar nach Beginn der Belastung auftritt. Der Husten ist meistens unproduktiv, also ohne Auswurf. Je nach Ausmaß des Krankheitsbildes entsteht zunächst eine Gasaustauschstörung mit leichtgradig erniedrigtem O2-Wert im Blut und gleichzeitig erniedrigten CO2-Wert, der erst mit zunehmender Erschöpfung der Atmungspumpe ansteigt. Mit der Zerstörung des Lungengewebes geht einher eine Verringerung des Gefäßbettes der Lunge, woraus eine Rechtsherzbelastung mit Cor pulmonale-Entwicklung resultiert. Typisch ist auch eine zunehmende Abnahme des Körpergewichts.

Die Diagnostik des Lungenemphysems umfasst neben der typischen Krankengeschichte und dem körperlichen Untersuchungsbefund eine Röntgen-Aufnahme der Brustkorborgane, ggf. ergänzt durch eine Computertomographie sowie eine Lungenfunktion mit Bestimmung des Luftvolumens im Brustkorb (sog. intrathorakales Gasvolumen bzw. Residualvolumen), der Diffusionskapazität (zur Erfassung des Gasaustausches) und der Blutgaswerte. Bei Verdacht auf α1-PI-Mangel (s.o.) muss die Konzentration hiervon im Blut bestimmt werden. Weitere Analysen sind dann ggf. erforderlich.  

Therapie der COPD

In der Therapie der COPD unterscheidet man
- die Therapie der akuten Exazerbation (AECOPD)  sowie
- die Langzeittherapie der COPD im Exazerbations-freien Intervall

Therapie der akuten Exazerbation der COPD(AECOPD)

 Die wesentlichen Therapiebestandteile der AECOPD sind folgende:
- Bronchodilatatoren = Bronchialerweiterer (Anticholinergika, ß2-Sympathomimetika)
- systemische Glukokortikoide
- Theophyllin
- O2-Gabe
- Antibiose bei eitrigem Sputum
- Beatmung, wenn möglich nicht-invasiv (engl.: non-invasive ventilation =NIV)
- Behandlung von Begleiterkrankungen und Komplikationen

Medikamentöse Langzeittherapie der COPD - neue GOLD-Einteilung

Die verschiedenen, auch vorbeugenden wie nicht-medikamentösen Therapieoptionen in der Langzeittherapie der COPD sind in der Tabelle dargestellt. Die Langzeittherapie der COPD richtet sich nach dem Schweregrad der COPD. Die Schweregrad-Einteilung erfolgt nach der sog. GOLD-Leitlinie (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease). Diese sah bisher eine Einteilung vor, die sich vorwiegend an den spirometrischen, also lungenfunktionellen Messwerten (u. a. FEV1) orientierte. Die "GOLD-Guideline" wurde im Jahr 2011 grundlegend überarbeitet. Hiernach wird die Schweregradeinteilung durch Berücksichtigung des vom Patienten angegebenen Ausmaßes der Luftnot sowie der Häufigkeit der akuten Exazerbationen modifiziert. Hieraus ergibt sich die in der Abbildung dargestellte Einteilung in vier COPD-Patiententypen A-D. Auf der linken Häfte der Vierfeldertafel befinden sich die Patienten mit geringer (A und C), auf der rechten Hälfte mit starker Luftnot (B und D). Auf den zwei Ordinaten ("y-Achsen") wird links das mittels Spirometrie bestimmte Ausmaß der Lungenfunktionsstörung (dies war bisher das einzige Kriterium für die GOLD-Schweregrad-Einteilung) und rechts die Häufigekeit von Exazerbationen pro Jahr abgebildet. Für die Gruppenteilung gilt der in einer der beiden Kategorien erreichte höchste Schweregrad. So kann ein Patient nur der Gruppe "GOLD D" zugeordnet werden, wenn er starke Luftnot hat und zusätzlich entweder eine starke Einschränkung der Lungenfunktion und/oder häufige Exazerbationen aufweist. Die Basis der medikamentösen Therapie der fortgeschrittenen COPD ist die die mit langwirksamen Bronchodilataoren (= Bronchialerweiteren) (z. B. Tiotropiumbromid und ß2-Sympathomimetika) ggf. in Kombination mit inhalativen Glukokortikosteroiden sowie bei produktiver Bronchitis zusätzlicher Gabe des PDE4-Hemmers Roflumilast ist. Bei nachgewiesenem schwerem α1-PI-Mangel kann auch eine regelmäßige Infusion dieser Substanz erforderlich sein.

Inhalations- und Physiotherapie, Lungensport

Die Sekretmobilisation bei Patienten mit produktiver Bronchitis und die Optimierung der Atemtechnik bei Patienten mit Emphysem stellen zentrale Therapieziele bei Patienten mit chronischen broncho-pulmonalen Erkrankungen dar. Nicht-medikamentöse Therapieansätze sollten das therapeutische Management bei diesen Patienten stets flankierend unterstützen. Hierzu zählen die Optimierung der Inhalationstherapie sowie die regelmäßige Anwendung physiotherapeutischer Übungen mit den  Hauptzielen der Erleichterung der erschwerten Atmung (z. B. Kutschersitz, Anlehnen an eine Wand), der Senkung der Atemarbeit (z. B. Lippenbremse, Strohhalmstück, Geräte mit exspiratorischer Stenose), der Verbesserung der Sekretelimination und des Hustens (z.B. Lagerungsdrainage, effektive Hustentechniken, Thoraxwandperkussion, exspiratorische Oszillation) sowie der Verbesserung der Thoraxwandbeweglichkeit und des Gasaustausches. Zur Erhaltung der Muskelkraft sollte die Physiotherapie durch die aktive Teilnahme des Patienten in einer Lungensportgruppe unterstützt werden.

Sauerstoff-Langzeittherapie

Die Begründung für eine Sauerstoff-Langzeittherapie ist die schwere chronische Erniedrigung des Sauerstoffdruckes im Blut (PaO2 < 55 mm Hg). Die Indikationstellung zur Sauerstoff-Langzeittherapie sollte in der stabilen Phase der COPD erfolgen. Hier müssen auch Belastungs- und Schlafuntersuchungen des Gasaustausches berücksichtigt werden.

Nichtinvasive Beatmung

Die nichtinvasive Beatmung (engl.: non-invasive ventilation = NIV) über Nasen- oder Mund-Nasen-Maske stellt mittlerweile ein etabliertes Verfahren in der Behandlung verschiedener akuter und chronischer Formen der Atmungsschwäche. Die NIV kann akut (AECOPD) wie auch in der chronischen Phase der Erkrankung eingesetzt werden und hat das Ziel, den erhöhten CO2-Wert im Blut zu senken.

Interventionelle/operative Emphysemtherapie, Lungentransplantation

Bei geeigneten COPD- bzw. Lungenemphysem-Patienten kommen auch mechanische und/oder operative Therapieverfahren in Frage, die allerdings nur in größeren Zentren durchgeführt werden. Hierzu zählen die endoskopische, also über das Bronchoskop erfolgende Einsetzung von Ventilen, die zu einer „Entblähung“ von Lungenabschnitten führt, weiterhin die „Schälung“ von emphysematös veränderten Lungen, ebenfalls mit dem Ziel die Reduktion der Luftmenge im Brustkorb, sowie die Lungentransplantation.

Tabelle: Therapieoptionen bei COPD.

 Prävention

 Medikamentöse
 Behandlung

 Nichtmedikamentöse
 Behandlung

 Apparative/operative
 Behandlung

 Raucherentwöhnung  Anticholinergika  Körperliches Training  Langzeit-Sauerstofftherapie
 Schutzimpfungen  β2-Sympathomimetika  Patientenschulung  Nichtinvasive Beatmung
 Arbeitsplatzhygiene  Theophyllin  Physiotherapie  interventionelle/operative
 Emphysemtherapie
   Glukokortikoide  Ernährungsberatung  Lungentransplantation
 Mukopharmaka    

 Antibiotika

 

Quelle: Vortrag von Prof. Dr. Kurt Rasche, Wuppertal Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Bergisches Lungenzentrum, HELIOS Klinikum Wuppertal, Klinikum der Universität Witten/Herdecke, auf dem 6. Symposium Lunge am Samstag, den 12. Oktober 2013 von 9:00-18:00 Uhr in Hattingen (NRW)

© Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
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